Die Heiligtumsfahrt 2023 trägt das Motto „verwoben“
Wenn man auf das Abendmahlstuch schaut, dann erkennt man deutlich die Webstruktur des Tuches – das „Verwobene“. Hinter dem Motto steckt aber natürlich noch mehr:
„Verwoben“ in der Ökumene
Die Heiligtumsfahrt ist ein weiterer Schritt auf dem ökumenischen Weg hier in Mönchengladbach. Wir möchten uns in den Tagen der Heiligtumsfahrt noch stärker mit allen christlichen Geschwistern im Glauben verbinden.
„Verwoben“ mit unseren Fehlern und Vergehen
In den letzten Jahren haben wir gesehen, wie viele Fehler und Vergehen es in unserer Kirche gibt. Der sexuelle Missbrauch, die fehlende Geschlechtergerechtigkeit und der Machtmissbrauch rufen nach einer neuen Art und Weise, Kirche zu sein.
„Verwoben“ mit der Schöpfung
Gerade die Corona-Pandemie hat uns deutlich gezeigt, wie eng ökologische, wirtschaftliche und soziale Systeme weltweit miteinander verwoben sind. Wie wir als Christinnen und Christen in diesen Systemen und vor allem in der ökologischen Frage unsere Rolle finden können, wird ein Thema bei der Heiligtumsfahrt sein.
„Verwoben“ in unserer Stadtgesellschaft
Mönchengladbach gilt mit als Wiege des deutschen Sozialkatholizismus. Gibt es Erfolge der Vergangenheit, die auch Ziele für die Zukunft sein können? Wie stellen wir uns ein soziales Mönchengladbach in der Zukunft vor?
Und wie können sich die Bürger - über alle Konfessions- und Glaubensgrenzen hinaus - in und mit unserer Stadt verweben?
"Verwoben" mit Gott
„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Das ist eine der zentralsten Aussagen des Neuen Testaments. Im Christentum geht es immer darum, die Menschen zu verbinden.
Zeitgemäß. Die Heiligtumsfahrt 2023 hat das Ziel, die lange, wunderbare Tradition weiterzuführen, die wir ehren und respektieren. Gleichzeitig möchte sie ganz nah am Puls der Zeit sein und feinfühlig auf die Gegenwart reagieren. Die katholische Kirche ist im Umbruch und muss sich und ihren Standort in der Gesellschaft und ihm Leben der Menschen neu finden. Auch die Coronakrise und Missbrauchs-Skandale haben für eine Erosion gesorgt. Mit Massenveranstaltungen haben im Moment viele Menschen ein Unbehagen. Selbst das Umfeld der Münsterkirche wird derzeit umgebaut. Wo geht es hin? Wie kann eine Heiligtumsfahrt im Jahr 2023 zeitgemäß sein? Wir wollen die Vergangenheit mit der Gegenwart „verweben“. Kirche muss experimentierfreudig sein, Neues wagen, mitunter sogar spielerisch sein. Dafür ist ein Sonderformat wie die Heilgtumsfahrt jenseits des liturgischen Alltags eine große Chance.
Erfahrbarer Glauben. Das Abendmahlstuch ist für uns so etwas wie die Botschaft der Heiligen Schrift zum Anfassen. Es ist ein berührender Moment, den Schrein nach vielen Jahren wieder zu öffnen und das Tuch hervor zu holen. So wie ein guter Lehrer Anschauungsmaterial in den Unterricht nimmt, spricht die Tuchreliquie unsere Sinne an. Wir kommen mit dem Heiligen „auf Tuchfühlung“. Durch dieses Ritual wird die Tiefendimension des Glaubens angesprochen. Man bekommt die Ahnung von etwas Größerem, das sich intellektuell nicht fassen lässt. So wie bei Musik von Bach können Menschen durch die Rituale der Heiligtumsfahrt Transzendenz erfahren und in ihrer Seele berührt werden.
„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Das ist eine der zentralsten Aussagen des Neuen Testaments. Im Christentum geht es immer darum, die Menschen zu verbinden. Ein Tischtuch steht dafür ganz besonders. Am Tisch kommen die Menschen zusammen, teilen ein Mahl, kommen ins Gespräch. Das bringt die Mönchengladbacher Reliquie zum Ausdruck.
Ökumene. Die zentralen Konfliktpunkte zwischen den Katholiken und Protestanten sind theologisch geklärt. Statt einer gespaltenen Christenheit brauchen wir heute eine starke Gemeinschaft, die zusammen die großen Themen der Zeit angeht. Wir sehen das wie die Zusammenführung von zwei Familien. Sie haben unterschiedliche Traditionen und brauchen den Austausch darüber. Aber vor allem geht es darum, eine gemeinsame Praxis zu entwickeln. Deshalb treiben wir bei der Heiligtumsfahrt bewusst die Ökumene voran. Es gibt mehrere Gemeinschaftsveranstaltungen, zum Beispiel ein ökumenisches Festkonzert in der ev. Hauptkirche Rheydt. Und zum ersten Mal waren auch evangelische Christen aktiv an der Vorbereitung beteiligt.
Musik. Um die Tiefendimension der Heiligtumsfahrt spürbar zu machen, ist die Musik ein zentraler Baustein. „Da wo die Worte aufhören, fängt die Musik an“, heißt es. Transzendenz und Ergriffenheit lassen sich durch Musik auf einer anderen Ebene transportieren als mit rationalen Worten. Unter anderem deshalb hat Klaus Paulsen seinen Ruhestand verschoben und ein hochkarätiges Programm auf die Beine gestellt.
Der Münsterchor wird die „Missa solemnis in c-Moll (Waisenhausmesse)“ und die „Vesperae solennes de Dominica“ von Mozart beisteuern. Kinderchöre, Kirchenchöre, Vocalensembles, die Mädchenchöre von Aachen, Rheydt und Mönchengladbach, Popchöre und Instrumentalisten werden Pilgergottesdienste und Abend- und Nachtgebete musikalisch begleiten. Die Chöre der Region Mönchengladbach werden unter Leitung von Martin Sonnen die feierliche Schlussvesper gestalten. Friedensmusiken, wie das „Dettinger Te Deum, das „Utrechter Jubilate“ und die Feuerwerksmusik von Georg Friedrich Händel, ausgeführt vom „Ökumenischen Chorprojekt“ und dem Newkammer-Chor, setzen ein Ausrufezeichen des Friedens und der Ökumene. Das Jazzkonzert „Madre e terra“ mit Angela Puxi thematisiert Ökologie und Nachhaltigkeit.
Dialog. Wir verstehen gelebtes Christentum nicht autoritär, sondern den Menschen dienend. Wir möchten niemandem erklären, wo es langgeht. Sondern wir sind offen, gehen auf die Menschen zu und wollen zuhören, was sie beschäftigt, bewegt und beunruhigt. Daher sind viele Programmpunkte dialogorientiert. Beim „Internationalen Gastmahl“ sitzen alle an einem gemeinsamen Tisch, essen, tauschen sich aus und kommen ins Gespräch. Und bei der Talkrunde „MenschenGladbach“ wird Torsten Knippertz intensiv mit Menschen diskutieren, die sich still und effizient für die Stadt engagieren.
Wir suchen auch den Dialog mit Kindern und Jugendlichen (über 800 Anmeldungen), Frauen und Mitglieder anderer Religionen, die wir gezielt eingeladen und integriert haben.
Dezentral und verwoben mit der Stadtgesellschaft. Zum ersten Mal sind hinten im Programmheft der Heiligtumsfahrt Parkpläne für Mönchengladbach und Rheydt zu finden. Wir wollen nicht abwarten, dass die Menschen zu uns auf den Abteiberg kommen, sondern auf sie zugehen und sie dort abholen, wo sie sind. Das ist ein wichtiges Zeichen. Wir leben nicht mehr in einer christlichen Gesellschaft, sind nicht mehr die Leitkultur. Aber lebendiges Christentum kann die Kultur in unserer Gesellschaft nach wie vor tief prägen. Als Teil der Stadtgesellschaft ist uns daher ein Anliegen und eine wichtige Geste, uns mit der Heiligtumsfahrt sternförmig in Mönchengladbach auszubreiten.